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Krise und Wahre Wirklichkeit

Zu der Krise, die gegenwärtig und immer mehr und mehr zu fühlen und in aller Munde und in allen Gedanken ist, meine ich: Verlassen wir uns darauf, daß nichts, aber auch gar nichts, außerhalb der großen Ordnung geschehen kann. Alles scheinbar Schlechte trägt sein letztlich - allerletzlich - gutes Ende in sich, wie lange auch der Weg dorthin sein mag. Das lässt sich für das individuelle Schicksal leichter entdecken als für das kollektive Geschehen, mit genügend Ausdauer, und dem Spruch von Epiktet folgend: "Nie sind die Dinge schlecht, nur wie Du darüber denkst!"

Krisen gab es schon immer, auch staatserschütternde. So habe ich per Zufall den, wie ich meine, passenden Spruch zu den gegenwärtigen Zeiten gefunden: Johannes Kepler(1571–1630): "Wenn die Stürme brausen und der Schiffbruch des Staates droht, dann gibt es nichts Würdigeres zu tun, als den Anker unserer friedlichen Studien in den Grund der Ewigkeit zu senken." Lassen wir uns dabei nicht "von anderen täuschen", wie ein berühmtes Zen-Koan sagt. Die Lösung kommt nicht von begrenzten, wenn auch noch so begabten Wesen und angeblichen Rettern von "irgendwoher", von "jenseitigen Welten", "aufgestiegenen Meistern" und gechannelten "Weisheiten". Wie soll etwas Begrenztes mit Name und Form und beschränkt von Raum und Zeit uns retten können!? Die Rettung liegt immer in uns selbst, im tiefsten Grund unseres Wesens, ohne den wir und die Welt gar nicht existieren würden.  Was also ist dieses tiefste WESEN, das jeden von uns im Grunde und in jeder Krise trägt?
Die wunderbaren Verse von Daio Kokushi (1282-1337) geben die Antwort:

"Es gibt eine Wirklichkeit, die vor Himmel und Erde steht.
Sie hat keine Form, geschweige denn einen Namen. Augen können sie nicht sehen.
Lautlos ist sie, nicht wahrnehmbar für Ohren. Sie Geist oder Buddha zu nennen, entspricht nicht ihrer Natur.
Nicht Geist noch Buddha ist sie; vollkommen ruhig erleuchtet sie in wunderbarer Weise.
Nur dem klaren Auge ist sie wahrnehmbar. Das Dharma (=die große Ordnung aller Dinge) ist sie, und Wirklichkeit jenseits von Form und Klang.
Das Tao ist sie, und Worte haben nichts mit ihr zu tun.
In der Absicht Blinde anzuziehen, ließ Buddha seinem goldenen Munde spielerische Worte entspringen.

Seitdem sind Himmel und Erde überwuchert mit dichtem Dornengebüsch.
O meine lieben und ehrenwerten Freunde, die ihr hier versammelt seid:
Wenn ihr euch danach sehnt, die donnernde Stimme des Dharma zu hören,
gebt eure Worte auf, entleert eure Gedanken,
dann kommt ihr so weit, das eine Sein zu erkennen."

Wenn wir, wenigstens im Ahnen, Fühlen und Vertrauen, in diese Wirklichkeit eintauchen, gehen wir - durch und durch von dieser Wirklichkeit geführt - unsere nächsten, wichtigen und notwendigen Lebensschritte.

OM TAT SAT